Grundlagenvorlesung

    Grundlagenvorlesung

    Als stellv. Vorsitzender der KPT werde ich nächste Woche eine Vorlesungsreiche zum Thema Gesellschaft und Ökonomie halten. Es wird darum gehen, Grundlagen für eine Diskussion in Politik und Gesellschaft zu legen, die auf die momentane Einführung der wisim in Tir reagieren soll.

    Dabei sollen grundlegende Fragen zu der Funktionsweise und dem Zweck von Märkten und deren Verankerung in der Gesellschaft geklärt werden sowie mögliche Ausgestaltungen des Verhältnis von Gesellschaft und Ökonomie in Tir (Konkurrenz-Sozialismus, Dritter Weg etc.)

    Wer also Lust hat, an den Vorlesungen und Seminaren teilzunehmen, schaue einfach mal nächste Woche vorbei bzw. kann sich ja hier schon mal vorab melden.
    Hab euch natürlich nicht verraten, welche nächste Woche ich meinte! ;)
    Spass beiseite, spitzt eure Stifte und zückt das Papier, morgen geht es los.

    Hier ein vorläufiger Seminarplan:
    1. Der Markt im Modell - Was soll und was kann er leisten?
    2. Marktversagen
    3. Konkurrenzsozialismus
    4. Der Dritte Weg
    na dann leg mal los

    *kritisch auf die heizung nahe der Tür setzt* ^^


    Clan Vater des Clans der Siddha, Präsident der SG Dynamo Más é Thoil, Träger des "Großen Väterchen Abraham-Uisge Beatha-Verdienstkreuz vom Fass" in der Stufe "Blended" und des "Verdienstorden der Kirche des freien Weges". Stärkster Mann der Welt - Olympiasieger im Gewichtheben bei den Olympischen Spielen 2004. Erster und einziger nògelischer Meister der Internationalen Oberliga. Meister und Pokalsieger 2017.
    :rstern: "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an sie zu verändern." (Karl Marx) :faust:


    *WinniePuuh nimmt im Stuhlkreis Platz*
    *Krammt in seinen Manuskripten, trinkt ein Schluck Wasser und beginnt zu referieren*

    Grundlagen zur Wirtschaftsordnung:

    Eine Wirtschaftsordnung umfasst alle Regeln und Institutionen, die in einer Volkswirtschaft (im weiteren Verlauf der Vorlesung nutzte ich diesen wissenschaftlichen Begriff, obwohl des Konstrukt des Volkes in Tir seine Relevanz nie erhalten hat) einen geordneten Ablauf des wirtschaftlichen Geschehens sichern sollen, Die Notwendigkeit einer Wirtschaftsordnung ergibt sich aus der relativen Knappheit der Ressourcen und handelbaren Gütern sowie den arbeitsteiligen hochspezialisierten Wirtschaftsprozessen in gegenwärtigen Volkswirtschaften.

    Die Vorsorgung der Volkswirtschaft ist abhängig von der Quantität und Qualität der zwei entscheidenden Produktionsfaktoren – Arbeit und Kapital.
    Arbeit ist die zweckgerichtete geistige und körperliche Tätigkeit von Menschen (also ein nichtproduzierbarer Produktionsfaktor). Die besondere Stellung erhält der Produktionsfaktor Arbeit durch seine Untrennbarkeit von Arbeitsleistung und der Person der Arbeitenden.
    Der Produktionsfaktor Kapital geht selbst aus dem Produktionsprozess hervor und wird wieder in diesen eingesetzt. Da es primäres Ziel des Wirtschaftens ist, die Bedürfnisse der KonsumentInnen zu befriedigen, kann der Produktionsfaktor Kapital im Kapitalsgütersektor eingesetzt werden, um somit zukünftigen Konsum zu steigen, was jedoch mit er Einschränkung des gegenwärtigen Konsums (Sparen) einhergeht.

    Beide Produktionsfaktoren erfahren mittels des technologischen Kerns einer Volkswirtschaft ihre Verbindung, welche ein ziel- und zweckgerichtete Einsatz im Produktionsprozess darstellt. Dabei unterliegt diese Verbindung zu einem dem ökonomischen Prinzip – der Produktivität als Verhältnis des Inputs zum Output der Produktionsfaktoren und der Wirtschaftlichkeit – dem Verhältnis von Leistung und Kosten bzw. Ertrag und Aufwand.

    Abschließend sei noch die Funktion des Geldes innerhalb einer Volkswirtschaft. Aufgrund des nötigen Güteraustausches in einem arbeitsteiligen Produktionsprozess ist es notwendig, ein Mittel zu finden, dass diesen Tausch universell anwendbar macht – die Geburtsstunde des Geldes (noch in seiner neutralen Form, die pervertierte Seite erfolgt im späteren Verlauf der Vorlesung). Dabei erfüllt dieses mehrere Funktionen. Es ist erstens natürlich Tauschmittel, d.h. es wird für den Gütertransfer zwischen zwei MarktteilnehmerInnen genutzt und löst somit den Tauschprozess von der rigiden zeitlichen Abhängigkeit und erhöht die individuelle Autarkie. Zweitens dient Geld als Wertaufbewahrungsmittel, was mit der schon erwähnten zeitlichen Trennung des Tausches zusammenhängt. Letztens ist es eine rein mathematische Recheneinheit, die ein gemeinsames Wertmaß für den Produktionsprozess (Planung, Kostenrechnung etc.) liefert.
    Marktwirtschaft als eine Form der Wirtschaftsordnung:

    Die reine Marktwirtschaft geht aus den Theorien und Ideen des klassischen Liberalismus hervor und kann nach drei konstituierenden Merkmalen hin definiert werden – den Eigentumsverhältnissen, der Koordination der Wirtschaftssubjekte und der Koordination von Mikro- und Makrozielen.

    Abgeleitet aus den Grundprämissen des klassischen Liberalismus für die uneingeschränkte Freiheit des Individuums zu einer Anerkennung des privaten Eigentums an Produktionsgütern und Konsumgütern im weitesten Umfang. Daher ist eine breite Streuung des Privateigentums am besten geeignet, um Abhängigkeiten zwischen den Individuen zu verhindern und Marktmacht über Konzentration abzubauen. Daher ist eine uneingeschränkte Verfügungsgewalt über das Privateigentum notwendig.

    Die Koordination der Interaktionen der Wirtschaftssubjekte am Markt erfolgt gemäß dem Individualprinzip, was nichts anderes bedeutet, als die uneingeschränkte wirtschaftliche Handlungsfreiheit. Koordiniert werden nun die einzelwirtschaftlichen Pläne auf dem vollkommen atomistischen Markt mittels des Instruments des vollkommenen Wettbewerbs, d.h. es gibt keine Monopolbildungen, keine Preisbeeinflussung durch einzelne Wirtschaftssubjekte, einen freien Marktzutritt und uneingeschränkte Markttransparenz über Preis und Qualität der gehandelten Güter und Produktionsfaktoren).

    Wie werden nun die Mikro- mit den Makrozielen in Gleichgewicht gebracht? Fest steht, dass gemäß dem Individualprinzip das Primat der Mikroziele vorherrscht. Dies ist keine Ungleichgewicht zugunsten der Einzelinteressen der Wirtschaftssubjekte, sondern eine Maximierung aller Mikroziele ergibt in ihrer Finalität das wirksamste Erreichen der Makroziele. Das regelnde Moment ist hierbei der Vollkommende Wettbewerb, der primär der Erfüllung der KonsumentInnenwünsche dient und die optimale Ausnutzung aller Ressourcen gewährt.
    Das Versagen der Marktwirtschaft:

    Die Defizite der Eigentumsverhältnisse zeigen sich darin, dass trotz der Gewährleistung über die Möglichkeit der uneingeschränkten Akkumulation und der Bildung immer größerer Unternehmenseinheiten, der Anteil der selbständigen unternehmerischen Wirtschaftssubjekte sukzessiv zurückgeht und eine Ungleichverteilung des Produktionsvermögens vorangetrieben wird, das sowieso nicht entsprechend der Idealvorstellung des klassischen Liberalismus in der Gesellschaft verteilt ist.

    Auch das Koordinationssystem weist enorme Mängel auf. So kann es keine Angebotsstruktur nach den Vorstellungen des atomistischen Marktes aufgrund von Kapitalakkumulation und Unternehmenskonzentration geben, stattdessen bildet sich eher eine oligopolistische Marktstruktur heraus. Dies hängt ebenso mit den schon genannten Defiziten der Eigentumsstruktur und der Verfügbarkeit der Produktionsmittel zusammen. Aus dieser Marktmacht der Anbieter bzw. den Unternehmen erfolgt eine Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt, Preise, die angebotsdeterminiert sind und somit eine Verzerrung der Lenkungsfunktion der Preise und eine Einschränkung der Konsumentensouveränität, welche ja laut dem Motiv des Wirtschaftens das höchste Ziel sei. Diese wirtschaftliche Machtverschiebung wird im Endeffekt zu einem gesellschaftlichen Problem und äußert sich in einer politischen Machtkonzentration in der Hand Partikularinteressen.
    Aus dieser vereinfachten Analyse der Funktion und Mängel von Marktwirtschaften sollen nun zwei Alternativmodelle vorgestellt werden – der Konkurrenzsozialismus und der „Dritte Weg“:

    Im Konkurrenzsozialismus wird auch weiterhin die marktwirtschaftliche Maxime der KonsumentInnensouveränität aufrechterhalten. Darüber hinaus besteht ebenfalls eine Freiheit der Wahl des Arbeitsplatzes. Somit gibt es jeweils polypolistische Märkte für Konsumgüter und Arbeitsleistungen. Im Gegensatz dazu bestehen keine Märkte für Investitions- und Produktionsfaktoren. Somit werden einzig auf dem Konsumgüter- und dem Arbeitsmarkt die Preise gemäß dem Gleichgewicht aus Angebot und Nachfrage als Marktpreise hergeleitet. Die Preise auf dem Investitionsgüter- und dem Produktionsfaktorenmarkt sind staatliche Festpreise und werden nach der trial-and-error-Methode der zentralen Planung ermittelt. Somit erfolgt die Entscheidung der Produktionsleitung nicht nach dem kapitalistischen Prinzip der Profitmaximierung, sondern richten sich nach Angaben der zentralen Planstelle zur optimalen Bedürfnisbefriedigung der KonsumentInnen. Da alle Produktionsfaktoren außer dem Faktor Arbeit Gemeineigentum sind, sind die Einkommen der KonsumentInnen vom Eigentum an diesen Faktoren abgelöst.
    Es gelingt somit in dieser Wirtschaftsordnung sozialistische Gleichheitsziele mit liberalen Freiheitszielen zu verbinden und unter der höchstmöglichen ökonomischen technischen Effizienz zu vereinen. Dieses Wirtschaftssystem mit einem Gemeineigentum an Produktionsmitteln kann mit dem Prinzip der Marktrationalität für bestimmte Wirtschaftbereiche verknüpft werden, da dieses in den entsprechenden Bereich als neutrales Steuerungsinstrument angesehen wird. Dennoch besteht weiterhin ein Zielkonflikt zwischen maximaler ökonomisch-technischer Effizienz und einer gleichmäßigen Einkommensverteilung auf der Basis von Gemeineigentum an Produktionsmitteln, da über den freien Arbeitsmarkt keine Einkommensgleichheit hergestellt werden kann, weil hier die Lohnbildung entsprechend dem Angebot und der Nachfrage geregelt ist. Darüber hinaus setzt eine höchstmögliche technische Effizienz eine weitestgehende freie Verfügungsgewalt der Betriebe über die im Gemeineigentum befindlichen Produktionsmittel voraus.

    Eine Wirtschaftsordnung des „Dritten Wegs“ versucht im Gegensatz zum Konkurrenzsozialismus dessen Desinteresse an der Kapitalentwicklung zu überwinden. Dabei wird versucht, zwischen folgenden Polen zu agieren. In Marktwirtschaften führt der Gegensatz zwischen Lohn- und Gewinninteressen zu lohnpolitischen Verteilungskämpfen und somit zu systemdestabilisierenden Krisen. In zentralen Planwirtschaften gibt es keine Kapitalinteressen der Wirtschaftssubjekte, was zu mangelnder technologischen Innovation, ökonomischen Unterentwicklung und chronischen Gütermangel führt.
    Der „Dritte Weg“ will nun das Kapitalinteresse ausdehnen, in dem er den Produktionsfaktor Kapital kollektiviert. D.h. es wird ein demokratischer makroökonomischer Orientierungsplan eingeführt, der auf der Basis eines realen Martes erfolgt. Dazu bedarf es einer paritätischen Vertretung von NichtproduzentInnen in allen politischen und wirtschaftspolitischen Organen. Im Endeffekt führt dies zu einer allmählichen Umwandlung der großen Kapitalgesellschaften in MitarbeiterInnengesellschaften, in denen statt Gewinnmaximierung die Gewinnoptimierung die oberste Maxime ist. Um dies zu garantieren, wird eine Wirtschaftspolitik benötigt, die ständig an der Vervollkommnung der Marktmechanismen ausgerichtet ist. Die Makroverteilungspläne der zentralen Planstelle sind mittel- und langfristig insbesondere auf die Optimierung der Lebensqualität auszurichten (planmäßige Bestimmung von Lohnwachstum, Lohndifferenzen und Gewinnbeteiligungsquoten). Hierzu ist es ebenfalls nötig, dass die demokratisch legitimierten Planungskommissionen mehrere Alternativpläne mit unterschiedlichen Zukunftsvorstellungen ausarbeiten.